Zurück ins Starthaus - Kurzdokumentation

Vergangenen Sommer wurde ich vom Filmteam PeakFrames begleitet und es entstand eine Kurzdokumentation über meinen Weg zurück ins Starthaus. Es war eine sehr spannende und interessante Zeit und ich durfte viel über meinen Körper erfahren und lernen.

Viel Spass beim Schauen!

Urs Kryenbühl
Comeback und die etwas andere Vorbereitung

Letzte Woche durfte ich nach gut zehn Monaten Wettkampfpause mein Comeback im Weltcup feiern. Es war ein unglaublich cooles Gefühl wieder zurück im Starthaus zu stehen. Etwas mulmig war mir schon, als ich den Steilhang auf der wirklich anspruchsvollen “Birds of Prey” in Beaver Creek USA besichtigte. Doch ich konnte mich super auf das Wesentliche konzentrieren und landete zu Beginn der Saison auf dem soliden 16. Platz im Super-G sowie in der Abfahrt.

Zu meiner Vorbereitung muss ich wohl etwas mehr ausholen, um diese spezielle Situation zu erklären. Wir befinden und momentan in einer schwierigen und auch sehr aussergewöhnlichen Situation, denn die ganze Welt steht Kopf. Auch ich habe mir meinen Kopf zerbrochen und mir Gedanken zu meiner Zukunft gemacht. Letztlich kam ich zum Entschluss, momentan auf den COVID-Impfstoff zu verzichten und somit die eine oder andere Konsequenz in Kauf zu nehmen. Eine dieser Konsequenzen war die Nichtteilnahme an den Weltcuprennen in Lake Louise (CAD). Denn dort kann man momentan nur einreisen, wenn man “vollständig” geimpft ist. Den “Genesenstatus” wird dort leider nicht anerkannt. Somit suchten mein Teamkolleg Ralph Weber und ich eine Alternative zum normalen Programm. Da wir früher als gewünscht in die Vereinigten Staaten reisen mussten, dachten wir uns: “Hey wenn wir schon früher als geplant in die Staaten reisen müssen, machen wir es uns so cool und erlebnisreich wie möglich!” Gesagt, getan! Unser Abenteuer startete mit dem Aufenthalt in Santa Monica / Los Angeles, die Endstation der weltbekannten Route 66. Angekommen staunten wir nicht schlecht, als die Temperaturen im November 30 Grad anzeigten und ich wohl eher zu warme Kleidung eingepackt hatte. Unter Palmen und am Sandstrand von Santa Monica durften wir eine andere Art von Vorbereitung erleben und es liess uns auch gleich den Coronastress der Vergangenheit vergessen. Es war einfach schön und wir genossen jede Sekunde. Dass wir in der nächsten Woche unseres Aufenthaltes auch noch San Diego, das in Süden von Kalifornien liegt, erleben durften, machte den Trip noch cooler! Anbei seht ihr einige Eindrücke von unserer Reise. Alles in allem kann ich sagen, dass diese etwas andere Vorbereitung auch in Zukunft ein Thema sein kann, denn was gibt es besseres als topmotiviert und mit vollgeladenen Batterien in die Saison zu starten.

Urs Kryenbühl
Update Sommertraining / erster Skitag

Ufff.. wie die Zeit vergeht - Lang ist es her, seit meinem letzten Beitrag auf der Homepage..
Hier ein kleines Update zum Sommertraining und zu meinem ersten Skitag dieser Saison.

Auch dieses Jahr trainierte ich wie die letzten vier Jahre unter der Leitung von Jürgen Loacker (ehem. Bobpilot der Österreichischen Nationalmannschaft). Mehrheitlich trainierte ich Kondition im nahegelegenen Kerenzerberg GL und zuhause in Unteriberg SZ. Zusätzlich absolvierten wir mit dem Team eine abwechslungsreiche Trainingswoche in Tenero TI. Zusammen mit einigen Teamkollegen, darunter Ralph Weber, Stefan Rogentin, Josua Mettler und Niels Hintermann krampften wir für unsere “Beachbodies”.

Nach meiner Verletzung war es mir wichtig, so rasch wie möglich in den normalen Trainingsalltag zurückzukehren und wie gewohnt mit meinem Team zu trainieren. Zu Beginn wurde die eine oder andere Kraftübung etwas angepasst, um mein Knie nicht zu überstrapazieren. Ich merkte jedoch schnell, dass alles gut funktionierte und das Knie hält.

Unten seht ihr einige Eindrücke aus dem Sommertraining.

Als Skirennfahrer ist es immer wieder cool festzustellen, dass man sehr abwechslungsreich trainieren kann und auch muss, um koordinativ fit zu bleiben. Es wird einem bestimmt nie langweilig ;)

Erster Skitag in Saas Fee:

Mein erster Skitag dieser Saison gehört bereits der Vergangenheit an. Letzte Woche trainierten mein Team und ich auf dem Gletscher in Saas-Fee. Es war ein unglaublich cooles Gefühl wieder auf Skiern zu stehen. Ich genoss jeden der fünf Skitage aufs Ganze. Beim ersten Skitag ging es vor allem darum, mich wieder an die Skiern zu gewöhnen. Es war doch eine gewisse Zeit vergangen, als ich das letzte Mal ein Skitraining absolvierte. Ausserdem trainierten wir noch Riesenslalom, was mir richtig Spass bereitete.

Was mich nach dieser Trainingswoche sehr positiv stimmte - ich hatte keinerlei Beschwerden oder Schmerzen verspürt. So darf es weitergehen… Die ersten Speedtage warten auf mich.

Urs Kryenbühl
Update zu meinem Gesundheitszustand

Vorweg - Mir geht es extrem gut!

Der Zustand meines Kopfs und Knies sowie mein mentaler Zustand sind auf einer Skale von eins bis zehn zuoberst bei einer Zehn. Ich bin super glücklich und zuversichtlich, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe. Sicherlich war die Entscheidung, mein Knie nicht zu operieren, nicht einfach. Jedoch kann ich jetzt sagen, dass es für mich zu 100% das Richtige war. Sicherlich braucht es noch Geduld und Arbeit, aber mit 10 von 10 Punkten Motivation, sollte ich auch diese Hürde schaffen.

Schritt für Schritt zurück - Hier einige Meilensteine:

Nach nur sechseinhalb Wochen nach meinem Sturz in Kitzbühel stand ich das erste Mal wieder auf den Skiern. Die Freude war mir ins Gesicht geschrieben und ich genoss jede Sekunde auf dem Schnee. Alles verlief ohne grosse Beschwerden und das Knie hatte keine Reaktion auf die Belastung gezeigt. Ein erster Schritt war gemacht und viele weitere Schritte würden noch folgen.

Jetzt - gut vier Monate später, bin ich zurück im normalen Trainingsalltag. Ich fahre wieder Rad, gehe Joggen und bin im Kraftraum anzutreffen. Dies ist sicherlich auch notwendig, da meine Muskelmasse ein wenig geschwunden ist und sich das eine oder andere Gramm Fett an meinem “Beachbody” bemerkbar gemacht hat. Genau diesen Body gilt es jetzt wieder in Form zu bringen. ;)

Nun, wer Lust hat, noch ein bisschen mehr über meine Saison zu erfahren, hier geht es zu den diesjährigen Rennsportnachrichten.

Rennsportnachrichten 2020/21

Viel Spass beim Lesen und bis bald.

Urs






Urs Kryenbühl
Kitzbühel 2021

Mit etwas Abstand zu den Geschehnissen vor ungefähr drei Wochen und einigen klaren Gedanken melde ich mich hier zurück auf meiner Homepage. Mit einer Achterbahnfahrt der Gefühle blicke ich zurück auf die Woche in Kitzbühel. Zwei Abfahrten und einen Super-G sollte ich dort bestreiten.

Für das erste Abfahrtstraining in Kitzbühel wurde mir die Startnummer eins zugelost. Dies war ein Privileg und eine herausfordernde Aufgabe zugleich. Ich war sehr nervös vor meinem Start. Dies ist man in Kitzbühel normalerweise bereits, wenn man die Gondel zum Start betritt. In diesem Jahr wurde das Gefühl noch etwas mit dem Gedanken verstärkt, der erste auf der Piste zu sein und als eine Art “Testdummy” zu fahren. Ich genoss es so gut ich konnte und fuhr eine solide Trainingsfahrt. Die Sprünge gingen dort schon ziemlich weit. Im zweiten Training gab es keine grossen Änderungen. Ich versuchte mich bestmöglich auf den darauffolgenden Tag des Rennens vorzubereiten. Mit zwei soliden Trainingsläufen im Gepäck machte ich mich an die Arbeit, ein gutes Resultat in Kitzbühel anzustreben. Das Gefühl war gut und es war mir bewusst, das ich im Stande bin, an diesem Berg ein gutes Resultat zu erzielen. Ich pushte mich mit Startnummer 17 auf die legendäre Streif. Nicht ganz fehlerfrei kam ich durch alle Passagen, jedoch fühlte ich den Speed. Das hohe Tempo war nicht auszublenden. Hausbergkante - voll auf Zug fahren - geschafft - Einfahrt Traverse - kurze Unsicherheit - kein Problem, weiter pushen und tief bleiben - Anfahrt zum Zielsprung - Position halten bis zum Schluss - Sprung….


Was dann kam, war auch für mich überraschend. Nach einem guten Absprung, zog es meinen rechten Ski nach unten. Ich versuchte mit aller Kraft diesen Ski hochzuziehen. Rauf, Rauf, Rauf - so gingen die Gedanken in meinem Kopf umher. Dieser Flug schien für mich nicht zu enden. Was wohl ein kurzer Moment war, fühlte sich für mich wie eine Ewigkeit an. Und dann war Schluss! An die nächsten 30 - 45 Minuten kann ich mich nicht mehr erinnern. Langsam realisierte mein zerschlagener und von Wunden gezeichneter Kopf, dass ich gestürzt war. Im Spital von St. Johann in Tirol kam ich dann nach und nach zu klareren Gedanken. Sch***** - nicht schon wieder…! Mit Schmerzmitteln vollgepumpt, wurde ich von einer Röntgenmaschine in die nächste MRI Station geschoben. Langsam dämmerte mir, dass der Sturz wohl heftig war. Nachdem die erste Diagnose feststand, wurde mir klar, dass meine Saison vorbei ist. Kreuzbandriss mit einem Innenbandanriss am rechten Knie und ein Bruch am Schlüsselbein war die Diagnose. Eine starke Hirnerschütterung kam auch noch dazu. Angesichts der starken Kopfschmerzen war dies keine Überraschung mehr für mich.

Noch am selben Abend war meine Neugier so gross, dass ich den Sturz mit eigenen Augen sehen wollte. Ich nahm mein Smartphone zur Hand und schaute mir meine Fahrt an. Von Sekunde zu Sekunde, als der Sturz näher kam, fing mein Körper an zu rebellieren. Der Puls schoss in die Höhe, ich konnte mein Smartphone kaum noch in den Händen halten. Dann der Sturz… wortlos sah ich an die Decke und sah einen Sturz, wie ich noch selten einen in einem Weltcuprennen gesehen hatte. Gleichzeitig stürmte die Krankenschwester, welche Nachtdienst hatte, ins Zimmer und fragte mich, was los sei. Das EKG schlug aus! Ich legte mein Smartphone zur Seite und es wurde mir bewusst. Urs, heute hattest du grosses Glück!

Jetzt zuhause bin ich auf dem Weg der Besserung. Ich werde das Knie nicht operieren lassen und beim Schlüsselbeinbruch ist es zum Glück auch nicht nötig. Sportler wie Carlo Janka (Ski Alpin) oder Christian Schuler (Schwingen) haben in der Vergangenheit bewiesen, dass es möglich ist, einen Kreuzbandriss konservativ zu behandeln. Diese Motivation und der eine oder andere Ratschlag liessen mir und meinem Bauchgefühl keine andere Wahl, als diesen Weg zu gehen. Jetzt gilt es cool zu bleiben und das bestmögliche für eine schnelle Rückkehr in den Alltag rauszuholen.

Chund scho guät!

SRF Bericht nach Rückkehr in der Schweiz




Urs Kryenbühl