Erste Skitage und die Vorbereitung auf den Wettkampf

Der Sommer ist vorbei, die Wettkampfsaison steht vor der Tür. Kurzer Moment mal, bin ich denn überhaupt schon bereit dafür?

Es ist einiges passiert seit meinem letzten Update hier auf der Homepage. So sitze ich hier in einem Café in Zug und schreibe frei von der Leber einige Infos zu meiner Saisonvorbereitung auf den Skis. In den vergangenen Monaten wurde mir oft die Frage gestellt, wie es mir geht und ob ich die kommende Saison Rennen bestreiten werde. Ehrlich gesagt, wusste ich oftmals auch keine Antwort auf diese Frage. Nun ist einige Zeit verstrichen und ich kann sie beantworten. Ja, mein Ziel ist es, auch in diesem Jahr mein bestes Skifahren abzurufen und mich mit den Besten der Welt zu messen. Ob sich dies so umsetzen lässt, hängt von vielen beeinflussbaren, wie auch nicht beeinflussbaren Faktoren ab. Zum Beispiel von der Verletzung selbst, die manchmal noch etwas zwickt, vom Vertrauen, welches in den vergangenen Jahren auch etwas gelitten hat oder einfach auch von der Startnummer im Weltcup. Leider gehören für mich Startnummern in den Top 30 momentan der Vergangenheit an. Durch meine Verletzungen und den dadurch fehlenden Punkte starte ich nun in der Region um die 50 herum. Nichtsdestotrotz bin ich zuversichtlich und freue mich riesig auf die Saison.

Ich stand genau 211 Tage nach meiner Verletzung zum ersten Mal wieder auf den Skiern. Am 1. September zog ich meine ersten Schwünge durch den Schnee auf den Gletschern von Saas-Fee und hatte richtig Spass dabei. Später folgten einige Riesenslalomtrainings für eine “solide” Basis und danach begann ich bereits die ersten “Gehversuche” auf den längeren Skiern. Ich musste feststellen, dass dies zu Beginn mental eine riesengrosse Herausforderung war. Mit jeder Fahrt kam jedoch ein Stückchen Vertrauen zurück und ich fühlte mich wohler und wohler auf den langen Latten.

Unterhalb findest du ein Video von meinem Riesenslalomtraining und eines vom Speedtraining. So kannst du dir ein Bild davon machen, wie mein Skifahren momentan aussieht.

Urs Kryenbühl
Rehabilitationsphase / Konditionstraining

Erst einmal nichts machen, dies war das Motto zu Beginn meiner Rehabilitationsphase. Einfach nichts tun, die Seele baumeln lassen und dem Körper die Zeit geben, sich nach der Verletzung, den vielen Medikamenten und der Narkose zu erholen. Mithilfe diversen Therapiemethoden startete ich in das “Abenteuer” zurück in den Alltag und zurück auf den Schnee.

Erster kleiner Schritt: Therapieren und behandeln meines Narbengewebes im Knie und der Hüfte. Dabei unterstützten mich mein Schwiegervater und Naturarzt Sepp Marty sowie der Physiotherapeut Wytze Bakker. Kombiniert arbeiteten wir daran, mich und mein Knie beweglicher und damit trainingsbereit zu machen. Leichte Sporteinheiten waren zu diesem Zeitpunkt bereits wieder möglich. Somit war ich für den zweiten Teil meiner Reha bereit.

Beim zweiten Schritt ging es darum, mit einem strukturierten Aufbau in Unteriberg und Magglingen zu starten: Mit Laura Herr, Physiotherapeutin von Swiss-Ski, stiess jemand weiteres in mein Reha-Team hinzu. Sie ist für die Leitung und Planung meiner Reha verantwortlich.
Auch wenn ich mich mitten in einer Rehabilitationsphase befinde, fühlt es sich nicht so an, denn ich bin motiviert, wieder 100% fit und beschwerdefrei zu sein. Diese Verletzung ist eine weitere Aufgabe oder Challenge in meinem Leben, an der ich wachsen möchte. Es gibt nichts anderes als ein weiteres Mal das Beste draus zu machen.

Schritt drei in meiner Rehabilitation ist der Aufbau meiner verlorengegangenen Muskelmasse. Mein Körpergewicht war mit stattlichen 86 kg nach der Wintersaison auf 78 kg gesunken. Da während dieses Prozesses mehrheitlich Muskelmasse abgebaut wurde, war das überschüssige Fett noch immer vorhanden und von einem “Sixpack” war weit und breit keine Spur. Dies galt es wieder in Ordnung zu bringen und mit dem sogenannten “Muscle Memory” gelang es mir recht schnell, eine gewisse Beinmasse wieder aufzubauen. Mit Ramon Zürcher (propta-training.ch) habe ich in diesem Jahr einen neuen Konditionstrainer an meiner Seite. Da Jürgen Loacker, mein jahrelanger Konditrainer, ende Jahr seinen Hut ziehen wird, war es für mich an der Zeit, mich neu zu orientieren. In diesem Sinne möchte ich mich noch einmal bei “Locki” für das tolle Training und die menschliche Begleitung über die Jahre hinweg bedanken. Gleichwohl freue ich mich auf die neue Herausforderung mit Ramon. Topmotiviert sind wir daran, mich Schritt für Schritt weiterzubringen, damit ich bald wieder auf den Skiern stehen kann.


Urs Kryenbühl
Mental Detox in Mexiko

Mental Detox oder umgangssprachlich Ferien habe ich mir diesen Frühling in Mexiko gegönnt. Zusammen mit meiner Partnerin Nadine erholte ich mich in der karibischen Sonne von den ganzen Strapazen des Winters. Die Tage in Cancun und Tulum liessen mich die ganzen Blessuren und Erinnerungen an meine Verletzungen vergessen. Braungebrannt und topmotiviert bin ich nun zurück in der Schweiz und bereit, meine Rehabilitationsphase so richtig zu starten. Diese werde ich in den nächsten Wochen in Magglingen sowie zuhause in Unteriberg absolvieren.

Auf gehts.!!!

Urs Kryenbühl
Rennsportnachrichten 2021/2022

Die Saisonzusammenfassung ist jetzt wieder online!

Ich blicke zurück auf eine spannende Saison mit Hochs und Tiefs. Blicke auch du nochmals hinein und geniesse hier die Rennsportnachrichten zum nachlesen. Viel Spass!

Rennsportnachrichten 2021/22
Urs Kryenbühl
Saisonzusammenfassung und Gesundheitsstatus

Lange ist es her, seit ich mich letztmals auf meiner Homepage gemeldet habe. Nun ist es für ein ausführliches Update an der Zeit. Also nehmt ein Glas Wasser zur Seite, macht es euch bequem und macht euch für eine etwas längere Zusammenfassung meiner Saison bereit. ;)

Vorneweg…Falls ihr einfach hier seit, um etwas über meinen Gesundheitszustand zu erfahren, es geht mir soweit gut und ich bin auf dem Weg der Besserung. Ich habe die Operation an der Hüfte sowie den Eingriff am Knie gut überstanden und versuche jetzt bestmöglich meinen Körper auf dem Weg der Besserung zu unterstützen. Für alle diejenigen, die von meiner Verletzung nichts wussten, kommt alles Weitere später in der Zusammenfassung.

Saisonstart in Beaver Creek USA: Nach einigen Strapazen und auf Umwegen startete ich in Beaver Creek in meine Comebacksaison. Ich fühlte mich körperlich sowie mental bereit wieder voll anzugreifen und Spass zu haben. Dies gelang mir ganz passabel, denn trotz einigen Fahrfehlern konnte ich in drei Rennen zwei 16. Ränge herausfahren. Es war ein gelungenes Comeback, dass mich positiv in die Zukunft schauen liess!



Zurück in Europa und das Dilemma mit den Medien: Zurück in Europa kam dann aber einiges anders, als ich mir vorgestellt oder auch erhofft hatte. Die vielen Nebenschauplätze in Bezug auf meinen Impfentscheid hatten hohe Wellen geschlagen. Für mich war dies unverständlich, da ich erst kurz vor der Amerikareise von Corona genesen war und somit keine grössere Gefahr für andere Menschen darstellte als geimpfte Personen. Tja, die einen oder anderen Personen sahen dies nicht so und haben mir dies unter anderem mit Morddrohungen und Verletzungswünschen klar gemacht. “Du asoziales und egoistisches Arschloch” waren noch nette Worte in Anbetracht dessen, was mir einige Menschen via Mail, Instagram etc. ohne jeglichen Respekt mitteilten. Das Thema war allgegenwärtig und dies machte es nicht gerade einfacher, sich in den Tagen vor Weihnachten auf das Wesentliche zu konzentrieren, geschweige denn zu erholen.

Einen Tag vor dem letzten Rennen in Beaver Creek wurde mir mitgeteilt, dass der italienische Skiverband eine Impfpflicht für die Rennen in Italien auf den Tisch legte. Dies liess mich nicht wirklich motivierter in meine Zukunft blicken. Es fiel mir schwer die Tatsache zu akzeptieren, dass es mir als Feriengast oder Pistenrutscher als genesener erlaubt gewesen wäre, an die Orte in Italien zu reisen und die Piste runter zu rutschen. Als Rennfahrer wäre es mir aber verboten gewesen, die gleiche Piste runterzufahren.

Dies konnte ich so nicht akzeptieren, da es für mich überhaupt keinen Sinn gemacht hatte. Viele Telefonate und einige Gespräche später konnte ich doch an den Rennen in Italien teilnehmen. Die Energie, die dadurch aber Flöte ging, fehlte mir anschliessend an den Rennen in Gröden und Bormio.




Zwei ernüchternde Rennen im Südtirol, einen Ausfall und eine verunsicherte Fahrt später waren die Rennen in Italien bereits wieder Geschichte. Ich konnte mir in vier Einsätzen einen Weltcuppunkt erfahren. Es war nicht wirklich die Ausbeute, die ich mir auf meiner Lieblingsstrecke in Bormio erhoffte. Ach ja… das Selbstvertrauen war dann auch weg und ich freute mich auf ein paar erholsame Tage zuhause. Neues Jahr, neues Glück - dachte ich mir - abhaken und weitermachen!

Erholt, motiviert und mit einigen guten Trainingstagen im Gepäck machte ich mich auf den Weg zu den wohl coolsten Rennen des Jahres. Es ging nach Wengen ins Berner Oberland. Als Schweizer und erstmals wieder mit Zuschauern am Pistenrand konnte ich es kaum erwarten, auf der Lauberhornstrecke mein Bestes zu geben. Da dies erst meine zweite Teilnahme an den Weltcuprennen in Wengen war, waren auch meine Ambitionen etwas kleiner. Nichtsdestotrotz konnte ich mit einem 22. & 25. Rang meine ersten Weltcuppunkte auf dieser Piste feiern. Das Wichtigste am ganzen Anlass war aber, dass ich nach den vielen Strapazen und Rückschlägen meine Freude am Skifahren wieder fand.

Eine kleine Anekdote…
Dies ging mir beim “Hundschopf” durch den Kopf: “Oh shit ist das ein geiler Sprung! Ich fühle mich wie ein König!” (Innerliches Lachen hahaha..)




Nach Wengen folgte die Rückkehr nach Kitzbühel! Das erste Mal nach dem schrecklichen Abflug im vergangenen Jahr machte ich mich an die Aufgabe, das Kapitel Comeback und Sturz in Kitzbühel abzuschliessen. Wie sich herausstellte, war dies eine emotionale Herkulesaufgabe. Auf der Anreise und in Kitzbühel angekommen hatte ich ein positives Gefühl und ich freute mich darauf, die Streif zu meistern. Am Abend zuvor besichtigte ich den Zielsprung ein erstes Mal und bereits dort wurde mir klar, dass am nächsten Tag mehr auf mich wartete, als nur kurz runter zu fahren. Das Kribbeln in meinem Körper begann.

Nach einer guten Nacht und der ersten Besichtigung war ich bereit. Je näher es zu meinem Start kam, desto nervöser wurde ich. Im Starthaus, ein paar Minuten vor meinem Start, war die Nervosität kaum auszuhalten. Die Atemfrequenz stieg und stieg! Ich gab keinen Ton von mir, die Anspannung war riesig und ich dachte: Lasst mich endlich fahren, ich muss hier raus! Am Startgate angekommen, konnte ich meine Arme kaum mehr spüren, so vollgepumpt war ich mit Emotionen. 3, 2, 1… Start - Ich fuhr los und kam gut in Schwung. Die Nervosität liess nach und ich entspannte mich ein wenig in den ruhigeren Passagen. Als es Richtung Traverse und Zielsprung ging, schoss mein Puls noch einmal in die Höhe. Die Anspannung war schlimmer als je zuvor! Gefühlt konnte ich nicht mehr blinzeln und fuhr auf den Zielsprung los - Sprung - Sauber gelandet und ich fuhr ins Ziel! Die Athleten im Zielgelände klatschten, als hätte ich das Rennen gewonnen. Doch irgendwie war ich wirklich ein Sieger! Ich fühlte mich besser denn je und jubelte inbrünstig und liess all den Balast los. Plötzlich hatte ich wässerige Augen und dachte mir:” Ach du Scheisse, jetzt beginnst du aber nicht etwa noch zu weinen!” Doch ich konnte es mir nicht verkneifen und im Hotelzimmer kamen mir vor Erleichterung Tränen. Ich hatte für mich grosses geleistet, die Freude war riesig und ich genoss einfach diesen Moment! Das Kapitel war abgeschlossen und ich schaute nach vorne auf zwei Abfahrtsrennen ohne jeglichen Druck. Ich war bereits ein Sieger und alles was noch kam, war Zugabe. Es sollten die Ränge 19. & 24. werden, doch diese waren nebensächlich und mir egal. Ich konnte mit dem Sturz vergangenen Jahres abschliessen und dies war das grösste Geschenk.


Europacup und das Saisonende: Nach einer emotionalen Woche ging es für mich direkt weiter Richtung Saalbach - Hinterglemm. Ich hatte das Ziel, meine FIS Punkte zu verbessern, um die guten Startnummern im Weltcup beizubehalten. Dies gelang mir in den beiden Abfahrten ganz okay. Ich konnte zwei solide Läufe zeigen und war sehr zufrieden mit meiner Leistung. Ich hatte richtig Spass am Skifahren und ich sagte mir vor dem Super-G Start. “Wow cool Urs, jetzt bist du wieder da, wo du sein möchtest. Du fährst gut Ski, bist schnell und hast Spass dabei.” Doch manchmal kommt es anders als man denkt… Mit Startnummer 31 ins Rennen gestartet, fuhr ich auf einer stark ramponierten Piste von Abschnittsbestzeit zu Abschnittsbestzeit. Ich war sehr schnell unterwegs. Doch dann geschah es… ich kam zwei Schwünge vor dem Ziel über eine Welle leicht von der Linie ab. Ich spürte, dass es für das korrekte passieren des Tores sehr eng werden würde. Ich versuchte alles, um im Rennen zu bleiben. Leider verkantete mein Innenski kurz vor dem Tor und ich hatte mit rund 80 Kilometer pro Stunde eingefädelt - Mein linker Fuss wurde an der Torstange regelrecht festmontiert und bewegte sich keinen Zentimeter mehr. Da das andere Bein weiterhin mit dem selben Tempo weiter fuhr, riss es mich regelrecht auseinander. Dabei zog ich mir eine Symphysensprengung zu und riss mir das hintere Kreuzband sowie das Innenband. Eine achterbahnartige Saison ging somit abrupt zu Ende. Jetzt heisst es für mich einmal mehr gesund werden und geduldig bleiben.

Urs Kryenbühl